Kurzgeschichten

Kurzgeschichten (2)

TEST

JIMMY GEHT SEINEN WEG

Written by Mittwoch, 21 Oktober 2020 19:22

Jimmy saß auf der Mauer. Er hatte Pause.
Sein Freund Dave würde gleich Feierabend machen. Er war Bäcker und musste immer sehr früh aufstehen.
Die beiden kannten sich schon seit dem Kindergarten. Als Dave aus der Seitenstraße fuhr sprang Jimmy von der Mauer. "Was war heute bei euch los, Dave, du bist so spät?" "Hallo Jimmy, frage nicht. Der Chef hatte noch eine Extra Bestellung angenommen. Heute Abend ist ein Kongress, dafür wurden verschiedene Kleinigkeiten angefertigt."
Dave verabschiedete sich schnell. Er würde ab 19 Uhr beim Kongress weitere Gebäckstücke vorbereiten. Jimmy sollte auch mitkommen, denn jede Hand würde gebraucht. Jimmy freute sich, denn er liebte es Menschen zu bedienen.
"Wir gehen immer einen Schritt weiter! - Initiative für eine gute Zukunft!"
So stand es über dem Kongressraum. Dave wies Jimmy ein. Es gab wirklich besondere Häppchen. Dave zeigte auf einen Teller mit grüner Servierte: "Diese sind für Veganer. Die auf den Tabletts mit den gelben Servierten sind vegetarisch." Jimmy nickte: "das sieht lecker aus!" "Es gibt hinten ein Tablett für alle Helfer. Häppchen, die nicht ganz so gut aussehen - die schmecken genauso gut." Dave grinste.
Die beiden Männer waren mit dem anderen Personal den ganzen Abend beschäftigt. Am Samstag besuchte Dave Jimmy.
"Es war gestern wirklich interessant. Hast du etwas vom Vortrag zum Umdenken mitbekommen." Dave schüttelte den Kopf.
"Der Redner drückt es folgendermaßen aus. Das was uns wirklich wichtig ist wird mehr. Wir hätten mehr Zeit miteinander. Das Essen wäre gesünder. Jeder könnte ein zufriedenes Leben führen. Die Kinder könnten glücklicher aufwachsen. Und was mich besonders beeindruckte. Jeder kann sich mit den eigenen Stärken einbringen. Und dann wäre für alles Wichtige gesorgt."
Dave hörte seinem Freund aufmerksam zu. "Du meinst, du brauchst nicht mehr jeden Job annehmen."
Dave wusste, Jimmy war in der Fabrik unzufrieden. So eine Arbeit wie gestern Abend, da fühlte er sich wohl.
In die Fabrik ging Jimmy nur zum Geldverdienen. "Stelle dir mal vor, ich könnte jeden Tag Menschen helfen. Und dann geht es nicht mehr darum, warum ich den Abschluss nicht geschafft habe!"
Dave erinnerte sich mit Schaudern an diese Zeit. Jimmy war ein guter Schüler gewesen. Dann hatte Jimmys Vater den schweren Unfall. Jimmys Mutter war mit den Kindern und dem kranken Mann überfordert. Zu dem Zeitpunkt waren Jimmys Eltern gerade 30 Jahre. Sie hatten Jimmy sehr jung bekommen, mit 14 Jahren. Die beiden hatten sich sehr lieb.
Zur Zeit des Unfalls waren Jimmys Schwestern 4 und 6 Jahre. Jimmy hatte die Schule vernachlässigt. Dann starb sein Vater nach 4 Monaten auf der Intensivstation. Jimmy war für seine Familie da. Die Schule war groß und niemand bekam wirklich etwas mit. Dave war damals im Austauschjahr. Andere wirkliche Freunde hatte Jimmy nicht.
Und dann war der Zug abgefahren. Jimmy ging mit einem schlechten Zeugnis von der Schule. Und dann direkt in die Fabrik. Das Geld reichte nicht. Die Mutter erhielt etwas Waisenrente, das reichte nicht zum Leben. Und so war Jimmys Familie froh, dass Jimmys Geld das Familieneinkommen aufstockte. Zehn Jahre ging das nun schon. Jimmys Mutter hatte seit einem halbem Jahr eine feste Stelle.
Jimmy ließ der Gedanke an den Kongress nicht mehr los. Er besorgte sich alle Informationen. Drei Wochen später verkündete er Dave in der Pause: "Ich mache jetzt dort mit!" "Wo?" Dave schaute ihn verdutzt an. "Ja bei der Initiative für eine gute Zukunft!" Jimmy wirkte fest entschlossen.
"Meine Mutter kommt jetzt alleine klar. Ich wohne ja auch weiter Zuhause. Da kann ich mich um bestimmte Dinge kümmern! Das ist meine Chance. Und ich tue auch noch etwas Gutes. Wenn ich Glück habe, habe ich im nächsten Jahr eine bessere Stelle. Dann kann das Leben anfangen."
Jimmy lernte viele Menschen kennen. Innerhalb eines Jahres zählten sehr interessante Menschen zu seinem Freundeskreis.
• Walter war Landwirt und Imker mit Leib und Seele.
• Daria leitete ein Restaurant im Nachbarort. Bei ihr kamen immer frische Zutaten auf den Tisch, viele von Walters Betrieb.
• Gerda war schon Rentnerin. Seit Jahren zählte sie zum aktiven Netzwerk der Region. Sie hatte sich schon früh mit anderen Netzwerken weltweit verbunden. Nachdem ihre Tochter durch Umweltgifte krank wurde, suchte sie Lösungen zu den Problemen.
• Knut stand ihr zur Seite, auch sein Sohn hatte ähnlich schlimme Zeiten durchgemacht.
• Nick und Luca waren Schulfreunde. Sie gingen in die 10. Klasse auf das Gymnasium und waren über eine umfangreiche Hausaufgabe auf Gerda gestoßen.
Außer diesen halfen
• der 43 jährige Tischler Viktor,
• der 33 jährige Informatiker Helge,
• die 29 jährige Kim,
• die 15 jährige Marie und der
• Obdachlose Freddy mit.
Jimmy lebte auf. Er sah seine Familie seltener. Deshalb waren seine Schwestern Simone und Laura irgendwann einfach mitgegangen. Sie vermissten ihren Bruder und Halt.
Die Mutter lächelte, wenn sich die drei auf den Weg machten. Sie wusste, Jimmy hatte so viele Jahre für die Familie sein eigenes Leben zurückgestellt. Und sie sah die Chancen für Jimmy. Ihr Sohn war fast 26 Jahre.
Das Netzwerk "Initiative für eine gute Zukunft" traf sich mit weiteren Gruppen aus den Nachbarkreisen. Es waren über 50 Personen in Darias Restaurant.
Jimmy hatte dort eine Ausbildung zum Restaurant Fachkraft begonnen. Also war sein Tag früh angefangen. Er war glücklich. Darias Koch Stuart war sehr engagiert und Jimmy in den besten Händen.
Sie hatten ein Buffet aufgebaut, denn alle wollten bei der Planung der nächsten Aktivitäten mitmachen.
Walter meldete sich als Erster. "Es gibt ein Lied, das für alle Menschen geschrieben wurde. Wir können es auch nutzen."
"Du sagst das so fest entschlossen! Wie können wir das Lied nutzen?" Gerda war immer schnell zu begeistern, wenn sie einen Sinn in einer Aktion sah. Und den Sinn wollte sie schnell erfassen. Die anderen nickten zustimmend.
"Wir können einen Flashmob veranstalten. Bei einem Flashmob treffen sich Menschen an einem verabredeten Ort. Dann singen und tanzen die Menschen nach einem vorab bestimmten Plan. Danach gehen die Aktiven wieder ihren eigenen Weg. Die anderen Personen werden damit überrascht. Und meistens werden die Aktionen im Internet gezeigt und verbreitet." Walter redete mit Begeisterung.
Die anderen Aktiven schauten interessiert. "Wie schwer ist das Lied? Und wie viele Personen können sich beteiligen?" Jimmy war begeistert. Und die anderen auch.
Vier Wochen später fuhren einige Gruppen nach Essen. Über 80 Personen hatten geübt und viel Spaß gehabt. Jimmy hatte auch Dave überredet. Selbst Jimmys Mutter begleitete ihre Kinder.
Es war ein schöner Tag. Die Menschen schauten sich die Auslagen der Geschäfte an. Oder beobachteten das Geschehen von den vielen Sitzgelegenheiten. Alle Cafés und Restaurants servierten auch im Außenbereich.
Musik erklang. Die Menschen drehten sich neugierig um. Jimmys Gruppe begann. "Wir bewegen uns miteinander weiter aufeinander zu, ..." Auch die anderen Aktiven bewegten sich. Alle auf den Mittelpunkt zu. Am Ende des deutschen Textes fühlten sich einige der Zuschauer aufgefordert mitzutanzen.
Vorher hatten die Aktiven verabredet, den deutschen Text zweimal zu verwenden. Erst danach sollte es englisch und russisch weitergehen. Sie hatten alles in 10 Sprachen vorbereitet. Einige Aktive verteilten schnell die Texte.
Nach einer kurzen Zwischenmelodie ging es weiter. Immer mehr Menschen versammelten sich. Und viele tanzten einfach mit.
Nach dem Flashmob verteilten sich die Aktiven wieder. Die Zuschauer blieben mit einem Lächeln zurück. Die letzten 10 Minuten hatten sie im Herzen berührt.
Die Aktiven trafen sich am vorher verabredeten Treffpunkt. "Das machen wir noch einmal! Wann habt ihr Zeit?" Vor Begeisterung konnte sich Dave kaum halten. Alle Mitwirkenden stand die Freude im Gesicht geschrieben.
Einige Tage später hatte Jimmy seine Tagesarbeit erledigt. Heute war das Treffen bei Gerda. Er freute sich schon. Seit dem Flashmob waren einige Rückmeldungen eingegangen. Jimmy war gespannt.
"Wir haben innerhalb von 2 Tagen über 100 Anfragen erhalten. Auf unserem Kanal wurde das Video mehr als 5000-mal angeklickt. Leute, wir haben die Menschen erreicht." Gerda strahlte. "Die beste Aktion bisher. Walter und Knut sind bei Viktor. Dort werden gerade die Bierzeltgarnituren aufgebaut. Für heute Abend haben sich 30 Personen angemeldet. Auch in den anderen Gruppen werden viele Interessierte erwartet!"
Jetzt war klar, warum sie nur zu fünft hier saßen. Die anderen Aktiven halfen für den Abend. Jimmy war nicht böse. Er hatte einige arbeitsintensive Tage hinter sich. Daria sah auch zufrieden aus. Die Arbeit hatten sich die anderen geteilt. Der Flashmob war von ihnen beiden organisiert worden. Das fühlte sich gut an. Alle wollten ihren Teil beitragen. Die Arbeit wurde einfach auf alle verteilt. Wenn es doch nur überall so harmonisch wäre!
Vier Wochen später wurden bundesweit Flashmobs veranstaltet. Das Lied hatte die ersten Schulen und Kindergärten erreicht. Das Gute war auf jeden Fall, das Lied war der Aufhänger. Es wurde irgendwie zum Zeichen der Aktiven. Eingängig und einfach. Und durch die verschiedenen Sprachen grenzüberschreitend.
Jimmy sah wie die anderen Aktiven: Sie gingen jetzt mit größeren Schritten weiter in eine gute Zukunft.

Die Ewigmorgige oder Wie wird es Morgen sein

Written by Mittwoch, 03 April 2013 17:35

Die Ewigmorgige oder Wie wird es Morgen sein

Lothar war gefrustet, so richtig Stinksauer. Wie konnte seine Cousine ihm nur jede Freude verderben.
Sein Leben bestand aus der Arbeit und Fete machen. Völlig normal.
Und seine Cousine Flora, das Mauerblümchen, die steckte im Garten der Großeltern -wie immer - und machte kleine Berge um Kartoffelpflanzen.
“Du musst auch mal an Morgen denken!“ allein dieser Unterton in der Stimme. Schlimm!!!!
“Deine Kinder sollen es doch besser haben als wir!“ Warum überhaupt, ihm ging es doch gut und die Arbeit mit Kindern, die sollten doch andere übernehmen. Um die zwei, die bei Feten entstanden waren, kümmerten sich ja auch die Mütter. Nur ärgerlich, dass er monatlich Geld dafür abdrücken musste. Was kümmerten ihn die Bälger.

“Wenn du nicht allmählich die Verantwortung übernimmst, du und deine Saufkumpane, dann macht ihr die Zukunft kaputt!“ Lothar schüttelte sich.
Was sollte das alles! Auf der Erde gab es keine gescheite Zukunft mehr. Punkt, aus, Ende!
Die Umwelt war zerstört, irgendwelche Mächtigen verdienten viel Geld daran. Die würden, wenn es so weit wäre, mit Hochtechnisierten Raumschiffen die Erde verlassen.

Lothar hatte alles recherchiert. Aus dem Desaster kam kein Normalsterblicher mehr raus.

“Ja“, fluchte Lothar, “Flora kann auch nichts ändern, der Klimawandel und all die anderen schrecklichen Tatsachen können eh nicht mehr verändert werden.“ Mit einem starken Nicken und Kopfschütteln fluchte er weiter.

Diese Flora. Optimistisch bis zum Umfallen.
“Wir können heute anfangen das Morgen zu verändern! Wach endlich auf, Lothar. Es ist noch möglich!“ Dieser Satz und die Betonung.
Es lief ihm kalt den Rücken runter.
Alle sagten, dass es eh zu spät ist!
Und wenn Flora recht hatte? Wenn es noch Möglichkeiten gab?
In seinem Inneren bewegte sich was. Ganz zart und vorsichtig.

Copyright © 2020 Maria Donner